Projekt 1: Talglicht mit Hanfdocht

Eine Frage, die sich jedem Mittelalterdarsteller gleich welchen Anspruchs stellt, ist jene der Beleuchtung. Die wohl populärste Form, dieses Problem zu lösen ist es, zahlreiche Kerzen von mannigfacher Gestalt anzuschaffen und damit das Lager reich zu beleuchten.

Wie wahrscheinlich ist dies jedoch für den Bürgerhaushalt, oder auch weniger gut situierte Schichten?  

Im Zuge unserer Recherchen stießen wir dabei auf  die Beschreibung eines Projekts des Landesamtes für Archäologie des Landes Sachsen-Anhalt. 

Dort ist einiges Interessante zum Thema Beleuchtung, Leuchtmittel, und deren Effizienz zu lesen. 

In Zusammenschau mit Hinweisen, dass sich ein organisiertes Imkerwesen (und damit eine größere Verfügbarkeit von Wachs) in unseren Breiten im 13. Jahrhundert noch nicht etabliert hatte, schlossen wir daraus, dass die breite Verwendung von Wachskerzen im säkularen Bereich als wenig wahrscheinlich angenommen werden darf. Daraus ergab sich die Frage nach plausiblen Alternativen. 

Der oben genannten Homepage folgend, entschieden wir uns für ein Talglicht. 

Friedrich Morton beschreibt in einer 1954 im Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines erschienenen Monographie eine mit Rüböl oder Unschlitt betriebene Tellerlampe aus einem hochmittelalterlichen Bergwerk in Hallstatt. An diese Beschreibung angelehnt entwarfen wir unsere erste, experimentelle Talglampe.

 

 

Material

Als Material wählten wir (probeweise):

 • Tonuntersetzer aus dem Baumarkt

 • Handelsübliches Hanfgarn für den Haushaltsgebrauch

 • Reines Schweineschmalz (in Ermangelung von Unschlitt und in Zusammenschau mit der oben genannten Homepage)

 • ein Kiesel

Oben zu sehen: ganz links der leere Tonuntersetzer

In der Mitte: mit Schmalz befüllt

Ganz Rechts: der Kiesel als Dochtauflage wird in das Schmalz hineingedrückt.

Hier wird gezeigt wie der Docht eingefettet und anschließend im Schmalz versenkt wurde.

Ganz links der im Schmalz versenkte Docht, dessen oberster Teil auf dem Kiesel ruht, um ein "ertrinken" zu verhindern.

In der Mitte: es nähert sich bedrohlich das Feuerzeug...

Ganz Rechts: der Docht wird angezündet und brennt auch recht gut.

 

Ergebnis

Hier sehen wir die Lampe in Betrieb. Die Helligkeit ist etwa einem handelsüblichen Teelicht vergleichbar. 

Beim Versuch, die Lampe zu Beobachtungszwecken an einen anderen Ort zu verbringen, verlosch sie infolge eines Windstoßes. Da das einzig funktionstüchtige Feuerzeug im Hause (ein billiges Werbegeschenk) seinen Dienst versagte, musste hier der Versuch abgebrochen werden.

 

Vergleich der Lampe mit einem Teelicht. 

 Es zeigt sich im direkten Vergleich auch schon, wie der unglasierte Ton das Fett aufsaugt.

 

Diskussion

Im Hinblick auf die Lichtausbeute darf der Versuch so weit als Erfolg gewertet werden. Die Konstruktion als Solche schient funktionstüchtig zu sein und ist in ihrer Einfachheit wohl nicht zu überbieten. 

Da sich der unglasierte Ton mit dem Fett vollsaugt besteht hier ein nicht unbeträchtliches Sicherheitsrisiko.

 

Limitationen

 

Da die grundsätzliche Machbarkeit und Praktikabilität eines Talglichtes damit zumindest für ortsgebundene Verwendungen fest steht, gilt es nun, eine der Fundlage besser entsprechende Form des Gefäßes anzustreben. 

Auch die Wahrscheinlichkeit des als Nahrungsmittel gut verwendbaren und auch oft erwähnten Schweineschmalzes in der Verwendung als Brennstoff ist zu hinterfragen - hier erscheint das wesentlich schlechter genießbare Rinderfett (Unschlitt) wahrscheinlicher. 

Art und Form des Dochtes ist mangels Quellen jeglicher Spekulation unterworfen.

Überdies war uns eine objektive Messung der Leuchtkraft nicht möglich, der subjektive Eindruck scheint jedoch in Anbetracht der Zielsetzung ausreichend.

 

Noch einmal soll ausdrücklich gewarnt werden, dass diese Konstruktion aufgrund der Tatsache, dass unglasierter Ton das Fett aufsaugt, Brandgefahr bestehen kann. Vor dem Nachbau wird hier mit Nachdruck gewarnt.

 

Ausblick

 

In Anbetracht der Ergebnisse stellt sich die Frage, inwiefern Kulturtechniken, wie z.B. Schreiben, Lesen oder Handarbeiten bei der besprochenen Beleuchtung möglich sind. Naheliegend hierbei ist es wohl, einen Vergleich mit Kerzenlicht zu ziehen - sowohl aus modernem Paraffinwachs (Teelicht) als auch auch Bienenwachs. Auch ein Versuch mit einem der Fundlage besser entsprechenden Lampengefäß ist wünschenswert, muss aber in Ermangelung eines solchen bis auf Weiteres verschoben werden.

Darüber hinaus lohnt sich wohl eine Versuchsreihe mit unterschiedlichen Dochten.

 

 

Literatur

  • http://www2.archlsa.de/lightkultur/light2001/
  • Otto Borst, 'Alltagsleben im Mittelalter', Frankfurt am Main, 1983.
  • Robert Maier, Hg., 'Liber de Coquina. Das Buch der guten Küche', Frankfurt am Main, 2005.
  • Friedrich Morton, 'Eine mittelalterliche Leuchtteller-Lampisterie im Hallstätter Salzbergtale', in: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines. 99.Band, Oberösterreichischer Musealverein: Linz, 1954, S.181-184.

 

 

 

 

Verfasser: Christoph Weilnböck


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