Agresta einkochen

Agresta
Agresta

Einleitung

 

Als Würzmittel wird Agresta - zu deutsch Agraz, mhd. Agras -  in zahlreichen mittelalterlichen Rezepten erwähnt (Maier, Lutz, Birkhan), ist aber heutzutage schwer oder gar nicht zu bekommen. Robert Maier erwähnt im Anhang seiner Ausgabe des Liber de Coquina, Agrest sei aus unreifen Trauben (in diesem Falle wohl dem heutigen "verjus" entsprechend) oder unreifen Äpfeln hergestellt worden. Einige andere Autoren beschreiben ebenfalls einen Presssaft aus unreifen Weintrauben oder Äpfeln unter Zugabe verschiedener Würzmittel, ohne weitere Haltbarmachung. Die Verwendung gemeinsam mit saisonalen Lebensmitteln lässt aber vermuten, dass eine Art der Konservierung vorgenommen wurde, um die Sauce das ganze Jahr über (oder zumindest länger als nur während der recht kurzen Erntezeit) zur Verfügung zu haben. In Anlehnung an das antike und mittelalterliche sapa beschlossen wir daher, das Einkochen als Konservierungsmethode der Wahl anzunehmen.

 

 

Projektplan


Diesem Bild entsprechend haben wir schon im Herbst 2009 beschlossen, einen Versuch mit unreifen Äpfeln zu wagen, und schon mal bei Stefans Eltern unreife Äpfel vorbestellt. Diese stellten uns dann auch dankenswerter Weise Äpfel in praktisch unbegrenzter Menge zur Verfügung.

 


Material und Methoden


Da wir keine Ahnung hatten, wie viel Äpfel schlussendlich notwendig sein würden, um schließlich den Sirup zu erhalten, beschlossen wir, erstmal ca. 12 kg Äpfel zu pflücken.

So verbrachten wir dann einen ganzen Vormittag mit dem Lesen, schneiden, entwurmen und schließlich Entsaften der unreifen Früchte, letzteres ganz unauthentisch mit einem elektrischen Entsafter der Marke Elin. 

 

Im Vordergrund einige geputzte Apfelspalten, im Hintergrund das Tatwerkzeug
Im Vordergrund einige geputzte Apfelspalten, im Hintergrund das Tatwerkzeug

Das Ergebnis des Entsaftens war ein geradezu alchemistisch anmutender grasgrüner Saft, der wohl den französischen Namen "verjus" erklärt, und davon gleich 7 Liter.

Nun begann der zeitaufwendige Teil des Projektes: das Einkochen. Da wir auch hier nicht wussten, wie lange es dauern würde, beschlossen wir, es einfach darauf ankommen zu lassen und den Saft so lange kochen zu lassen, bis die gewünschte sirupartige Konsistenz erreicht war. Da wir schon wussten, dass dies mehrere Stunden in Anspruch nehmen würde, wurden die einzelnen Arbeitsschritte (Äpfel putzen, entsaften, einkochen) überlappend vorgenommen. 

Dadurch war unsere Aufmerksamkeit geteilt, und es kam zweimal zum ungewollten Überkochen des Topfes.

Ergebnisse

 

 

 

Nach ca. 6,5 Stunden Kochzeit war das Ergebnis 1,6 Liter eines dicken, rotbraunen Saftes von intensiv fruchtigem Geschmack mit einer guten Portion Säure, in der Qualität eventuell einem Tamarindenkonzentrat vergleichbar.

 

 

Diskussion

 

Der Arbeitsaufwand war durchaus beträchtlich: Für die erwähnten 1,6 Liter Agresta arbeiteten zwei Leute elf Stunden lang. Eventuell ließe sich diese Zeit verkürzen, indem man unreife Trauben anstelle unreifer Äpfel verwendet, da sowohl das Pflücken als auch die Verarbeitung danach vermutlich in einem Bruchteil der Zeit zu erledigen sein müsste.

Aufgrund des Geschmacks - und vor allem aufgrund der Säure - dürfte für den weniger ehrgeizigen Koch Tamarindenpaste eine gute Alternative sein.

Diese Homepage vertreibt Agresta gewerblich, allerdings als pasteurisierten Rohpresssaft. Es wird die beschränkte Haltbarkeit dieses Produktes nach dem Öffnen der Flasche dort erwähnt, weshalb ich die historische Zubereitung durch Einkochen (zumindest für einen Teil des Ertrages) für wahrscheinlich erachte. Die frische Zubereitung ist allerdings - laut vorgenannter Homepage - lediglich in einem saisonal eng begrenzten Zeitraum möglich, da ansonsten die Trauben (oder in unserem Fall, die Äpfel) zu süß werden. Ob dies auch bei mittelalterlichen Züchtungen der Fall wäre, kann beliebig spekuliert werden.

 

 

 

Rezept

 

12 kg unreife Äpfel 

 

Die Äpfel waschen, Kerngehäuse entfernen, etwaige Würme ebenfalls entfernen. Geputzte Äpfel entsaften. Presssaft in einem großen Topf oder Kessel vorsichtig zum Kochen bringen. Vorsicht: neigt dazu, abrupt überzuwallen! Das ganze mindestens 6 Stunden kochen lassen, dabei ständig rühren. Hat der Agraz die gewünschte Konsistenz (etwa in der Mitte zwischen Ketchup und Tabascosauce, oder wie ein sehr dicker Aceto balsamico), noch kochend in heiß ausgewaschene Fläschchen füllen und verkorken.

Literatur:

 

Birkhan H., Jarmer M.: Koch=Büchlein. Gaumenfreuden des Mittelalters. Verlag Günther Hofer; Eggenburg-Retz: 2004.

 

Lutz P.: Herrenspeis und Bauernspeis. Krumme Krapfen, Ollapotrida und Mamonia Rezepte aus der mittelalterlichen Burgküche. Verlag Michaela Naumann; Nidderau: 2003.

 

Ehlert T.: Kochbuch des Mittelalters. Albatros Verlag; Düsseldorf: 2000.

 

Maier R. (Hg.): Liber de Coquina. Ein Buch der guten Küche. F.S. Friedrich Verlag; Frankfurt am Main: 2005.


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